DINGE


Die Graphiken von Hans Piene


Unauffällige Gegenstände des Alltags, benutzte Gerätschaften und Hilfsmittel, vereinzelt etwas Essbares, ein Schmuckstück, Architekturelemente verschiedenster Art, Umgebungsmerkmale im Außenraum, Teile von städtischem „Mobiliar“, wenige tierische Existenzen – solche extrem differenten Positionen finden sich in der Sammlung von Hans Piene.

Der Künstler nimmt die Dinge ernst, ihr unausgesprochenes, beiläufiges Dasein, das wir oft nicht wahrnehmen, und das wir zumeist nicht für wichtig erachten. Es spielt für uns nur eine Rolle in Bezug auf das reibungslose Funktionieren im Handlungsablauf: das Dasein des Frühstücksbretts, des Weihnachtsplätzchens, des Straßenpollers auf dem Gehsteig, der metallenen Laderampe oder der Tür der Straßenbahn. Diese Dinge haben für uns keine eigenständige Existenz. Sie dienen allein der Zweckmäßigkeit ihrer Nützlichkeit im Alltag. Die Graphiken von Hans Piene stellen sich in ihrer leisen, feinen Form dieser Sichtweise entgegen.


Hans Piene präsentiert uns alle Seiten eines Dinges. Mit seinen Abwicklungen erfasst er ihre äußere Form, und verweist damit wiederum auf etwas, das so nicht sichtbar ist: ihre Materialität und die räumliche Körperlichkeit. Der Künstler präsentiert uns ein Zeichensystem, eine Formensprache, die sich aus Modulen zusammensetzt, wiederkehrende Formen, aus denen Gegenstände gemeinhin aufgebaut sind. Diese Formen – geometrische und organische – sind uns vertraut; und auch wenn wir aus einer bestimmten Abwicklung keinen konkreten Bezug zu einem Ding herauslesen können, so erkennen wir doch Prinzipien, mit denen wir täglich umgehen.

An dieser Stelle öffnet sich ein Feld, in dem Bekanntes und Unbekanntes, Vertrautes und Fremdes zusammenfallen. Es bildet sich die Frage, ob wir nur das Bekannte nicht im Unbekannten wiederfinden, oder ob wir gar das Bekannte nicht kennen, ob es uns also eigentlich ein Unbekanntes ist. Die Verunsicherung, die der Künstler damit schafft, bietet zugleich die Möglichkeit neue, frische und fragende Blicke zu werfen auf das vermeintlich Vertraute, es neu oder erst jetzt zu entdecken und zu erkennen.


Die Abwicklungen mögen auf den ersten Blick eine gewissen Sprödigkeit besitzen, mit jedem weiteren Blick jedoch werfen sie mehr und mehr Fragen auf, die uns und unseren Umgang mit der Realität der Dinge, unser Dasein und Verhalten in der Welt, direkt betreffen.


Rosa Hofmann

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